Der Januar ist noch nicht vorbei, aber schon fliegen sie wieder, die ersten Pollen. Die Haselpollen sind in diesem Jahr sehr früh dran. Die Folgen sind, dass es in der Nase kribbelt, die Augen jucken und ein ständiger Niesreiz da ist.
„Es gibt immer mehr Jahre, in denen die Haselnusspollen teilweise schon Ende Dezember fliegen, die allerersten in bestimmten Regionen“, sagt Professor Karl-Christian Bergmann, Allergologe und Vorstand der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Das Saarland und das Rhein-Ruhr-Gebiet sind die ersten, in Hamburg beginnt es in der Regel später als in München.
Die Birke ist im Schnitt auch zwei Wochen früher dran. Dieser Baum kann für Allergiker eine große Rolle spielen: 50 Prozent aller Baumpollen, die bei Pollenallergikern Heuschnupfen auslösen, stammen laut Bergmann von der Birke. Patienten, die auf Baumpollen allergisch reagieren, bemerken den früheren Pollenflug.
Schätzungsweise 13 Millionen Deutsche leiden unter Allergien. Nicht nur Frühjahrs-Pollen von Birke, Erle oder Hasel machen ihnen das Leben schwer. Tausende von Substanzen, Lebensmitteln oder Tierhaare (http://www.bild.de/ratgeber/gesundheit/katzen-hunde-hamster-loesen-niesen-und-juckende-augen- aus-11423112.bild.html) können krankhafte Immunreaktionen auslösen. Aber auch die Psyche spielt eine wesentliche Rolle, wie Studien zeigen.
Weshalb so viele Menschen auf harmlose Substanzen allergisch reagieren, was vorbeugend wirkt oder im Falle einer Erkrankung hilft, erklärt Dr. Michael Bohndorf, HNO-Facharzt aus Düsseldorf.
Dr. Bohndorf: „Keineswegs, es gibt Berichte, die belegen, dass schon im Mittelalter viele Menschen darunter litten. Damals kannte man allerdings noch nicht die genauen Ursachen, zudem waren nicht so viele Menschen betroffen. Heute haben laut Europäischer Stiftung für Allergieforschung (ECARF) bereits rund 13 Millionen Deutsche eine Allergie – Tendenz steigend.“
Dr. Bohndorf: „Weshalb Menschen so drastisch auf Allergene reagieren, konnte die Wissenschaft noch nicht eindeutig beantworten. Forscher haben aber festgestellt, dass Kinder, die auf einem Bauernhof oder generell auf dem Land aufwachsen, seltener an Allergien und Asthma erkranken. Aufgrund der höheren Keimbelastung ist ihr Immunsystem wohl gestärkt und somit weniger anfällig für Allergien.“
Dr. Bohndorf: „Ja, zum wesentlichen Teil. Aber auch die erbliche Veranlagung ist mit entscheidend. Sind beide Eltern Allergiker, so steigt das Risiko für deren Kinder um 50 Prozent und mehr.“
Dr. Bohndorf: „Am häufigsten kommt es zu Allergien gegen Blütenstaub. Der Heuschnupfen, auch als Pollenallergie oder Pollinosis bezeichnet, tritt naturgemäß im Frühjahr besonders stark auf. Grund für die zunehmende Zahl an Allergikern dürfte hier die steigende Pollenbelastung sein, sehr wahrscheinlich verursacht durch die hohe CO2-Konzentration in der Luft.“
Dr. Bohndorf: „Generell kann jede Substanz eine Allergie auslösen, die mit der Haut in Kontakt kommt oder über Schleimhäute in den Körper gelangt. Häufig reagiert der Körper beispielsweise auch abwehrend auf Hausstaub, Nahrungsmittel oder Tierhaare. Die Folge sind Beschwerden wie Augenjucken, Schnupfen und Magen-, Darmbeschwerden.“
Dr. Bohndorf: „Ja, es gibt Hinweise darauf, dass Ängste die Beschwerden verstärken können. Dies belegt eine US-Studie aus Philadelphia, die kürzlich im Journal of Psychosomatic Research veröffentlicht wurde. Dort wurden die teilnehmenden Asthmatiker angeblich schädlichen Düften ausgesetzt – mit der Folge, dass nicht nur subjektiv empfundene Beschwerden wuchsen. Auch die Entzündungen in den Atemwegen nahmen zu.“
Dr. Bohndorf: „Allergische Reaktionen sind für den Betroffenen nicht nur lästig. Sie führen unbehandelt oft über die Jahre zu chronischem Husten, Atemnot und sogar zu allergischem Asthma mit extremer Atemnot. Deshalb sollte eine Allergie möglichst frühzeitig behandelt werden.“
Dr. Bohndorf: „Wenn ein allergischer Schock auftritt, ist sofort eine Notfallbehandlung erforderlich. Von dieser lebensbedrohlichen Notfallsituation spricht man, wenn mehrere Organe gleichzeitig betroffen sind – es also etwa zur gleichen Zeit zu Atemnot, Herz-, Kreislaufbeschwerden oder Hautauschlag kommt. Ausgelöst werden kann diese drastische allergische Reaktion durch Wespenstiche, ,falsche’Lebensmittel wie Milch, Nüsse oder Fisch, aber auch beispielsweise durch Antibiotika oder Schmerzmittel. Auch Kinder sind davon übrigens immer häufiger betroffen.“
Dr. Bohndorf: „Bei der Suche nach dem auslösenden Allergen helfen Untersuchungsmethoden wie der Prick-Allergietest. Bei dieser Methode werden unterschiedliche Allergene in Tröpfchenform auf die Haut gegeben. Kommt es zu Reaktionen wie Rötungen, so ist die Diagnose ziemlich eindeutig. Zur Überprüfung folgt in der Regel eine Blutuntersuchung. Diese gibt übrigens auch Aufschluss über die Erfolgschancen einer Therapie durch eine Hyposensibilisierung.“
Dr. Bohndorf: „Bei diesem Verfahren, auch als Allergie-Impfung bezeichnet, wird die Toleranzschwelle des Immunsystems gegenüber dem Allergen schrittweise heraufgesetzt. Das Immunsystem gewöhnt sich sozusagen Schritt für Schritt an den Auslöser. Dadurch lassen sich die Beschwerden meist für lange Zeit oder für immer in den Griff bekommen.“
Übrigens: Eine Hyposensibilisierung erfordert längst kein Spritzen mehr. Es genügt die morgendliche Einnahme von Tropfen nach dem Zähneputzen.
Dr. Bohndorf: „Die Beschwerden lassen in der Regel bereits in den ersten Wochen nach. Um eine dauerhafte Wirkung zu sichern, muss die Therapie jedoch einige Jahre fortgesetzt werden.“
Dr. Bohndorf: „In der Apotheke gibt es antiallergische Medikamente. Mit sogenannten Antihistaminika lassen sich die Beschwerden bei Heuschnupfen, allergischen Hauterkrankungen wie Nesselsucht oder allergischem Asthma lindern. Auch kortisonhaltige Nasensprays können helfen. Sie sollten aber höchstens ein paar Tage angewendet werden. Bei schweren Allergie-Beschwerden, beispielsweise asthmatischen Anfällen, ist auch hoch dosiertes Kortison eine Option.“
Dr. Bohndorf: „Bei einer Pollenallergie empfiehlt es sich, die Pollenflugvorhersage zu beachten. Hilfreich ist es zudem, sich mehrmals täglich Gesicht und Hände sowie abends die Haare zu waschen. Außerdem möglichst häufig die Bettwäsche wechseln. Darüber hinaus sollte man sich nicht zu lange im Freien aufhalten und die Fenster zu Hause und im Auto nur zum Lüften öffnen.“
Dr. Bohndorf: „Leide ich unter einer Hausstaubmilbenallergie, so hilft es beispielsweise schon, Teppiche gegen Parkett auszutauschen und Spezialmatratzen anzuschaffen. Nahrungsmittelallergiker sollten auf betreffende Lebensmittel, oft etwa Nüsse, verzichten. Und bei einer Tierallergie ist in erster Linie der Kontakt zu Katzen oder Hunden zu meiden.“
Dr. Bohndorf: „Nicht selten tritt bereits im Säuglingsalter Neurodermitis zusammen mit einer durch Kuhmilch verursachten Lebensmittelallergie auf. Deshalb ist es ratsam, das Kind möglichst das erste halbe Jahr zu stillen. Empfehlenswert ist zudem grundsätzlich Nikotinverzicht. Erwiesenermaßen leiden Kinder, deren Eltern rauchen, wesentlich häufiger an Allergien.“